Knapp 70 Gäste aus Unternehmen und Institutionen sowie dem Forum für Menschen mit Behinderung Bramsche/Wallenhorst nahmen am Montag (25. November) am Vortrags- und Diskussionsabend unter dem Titel „Inklusiv führen – vom nachhaltigen Umgang mit der Ressource Mensch“ im Wallenhorster Rathaus teil. Eingeladen hatten die Wirtschaftsförderung der Gemeinde Wallenhorst und das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW). Bürgermeister Otto Steinkamp sensibilisierte in seiner Begrüßung für das Thema: „Die Ressource Mensch ist endlich. Die geburtenstarken Jahrgänge werden bald in das Rentenalter eintreten.“ Dies werde für die Wirtschaft zu einer weiteren Zunahme des Fachkräftemangels führen.
Orientierung und Perspektive
Die Referentin und zugleich Moderatorin des Abends, Dörte Maack, verstand es, ihr Publikum mitzunehmen. „Alle Männer sehen für mich aus wie George Clooney“, erklärte sie und erläuterte, dass sie durch eine Erkrankung erblindet sei. Mit großer Lebenslust und Berufswünschen sei sie als Straßenkünstlerin, Artistin am ungesicherten Trapez und Unternehmensgründerin gestartet. Als sie während des Studiums erblindete, habe sie ihre Orientierung verloren. Die Perspektive, die man ihr damals aufgezeigt habe, war, als Schreibkraft in einem Hinterzimmer arbeiten zu können. Für sie sei ein Gefühl entstanden, dass sie so beschrieb: „Wir fallen alle und ganz unten kann man zerbrechen.“ Das war jedoch nicht die Zukunft, die sie wollte. In Gesprächen sei sie dann zur Erkenntnis gekommen, dass Blinde fast alles machen können, aber sie an den Barrieren von Sehenden scheitern würden.
Schrittweise lernen
In kleinen Schritten wie einem selbständigen Einkauf von Gemüse im direkten Umfeld habe sie dann das eigene inklusive Führen gelernt, erläuterte Maack. Das Prinzip „Immer einen Schritt mehr gehen“ habe sie immer weiter geführt. Ein zweites Mal habe sie inklusives Führen im Studium gelernt. Als Blinde habe sie auch Sport studiert. Mit Erfolg: Note 1 beim Hürdenlauf. Wichtig sei für sie gewesen, dass auch die Professoren hinter ihr gestanden und alle gemeinsam Grenzen ausprobiert und von der Situation gelernt hätten.
Dialog im Dunkeln
Heute sei Maack eine Person, die – gewachsen im Unternehmen „Dialog im Dunkeln“ – vom Selbstbewusstsein lebe. „Dialog im Dunkeln“ sei nicht nur ein Name, sondern auch ein Rollentausch, bei dem Blinde Sehende führen. Weltweit hätten mittlerweile rund 250.000 Führungskräfte die Workshops genutzt – sogar beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos. Inklusives Führen bedeute, im Team mit Stärken zu arbeiten und an Grenzen zu führen, so Maack. Scheitern sei dabei normal, etwa wenn das Matching nicht passe oder die Gesellschaft manchmal noch nicht bereit wäre. Ein offener Umgang mit einer Behinderung und keine Furcht vor einem Jobverlust oder dem Bekommen eines Jobs seien besser, denn wieviel besser könne es sein, wenn Behinderungen bekannt seien. Gutes Führen in Unternehmen zeichne sich durch drei Dinge aus: Inklusiv Führen, gemeinsam Ziele verfolgen und Kommunikation, im Gespräch mit Mitarbeitenden sein.
Podiumsdiskussion
Zu einer Diskussionsrunde zum Thema „Inklusive Führung in der betrieblichen Praxis“ begrüßte Maack die Unternehmensvertreter Bernd Kulgemeyer (Jürgen Emptmeyer GmbH), Christian Deing und Detlef Otte (beide Remondis Industrie Service GmbH) und Hanna Sandmann (Purplan GmbH). In den Statements wurde deutlich, dass Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen Menschen mit Beeinträchtigungen einstellen – von der traditionellen Beschäftigung über das Ausprobieren bis zum aktuellen Fachkräftemangel. Die innere Haltung kombiniert mit Vertrauen und Neugierde sei unerlässlich. Es müssten die Menschen in den Blick genommen und an ihre Stärken geglaubt werden.
Unterstützung für Unternehmen
Abschließend zeigten sieben Institutionen auf, welche Unterstützungen Unternehmen bekommen können. Von technischen Hilfen bis zur Beschäftigung selbst sind finanzielle Förderungen möglich. Ein besonderer Stellenwert wird auf die Vermittlung von Menschen mit Beeinträchtigungen an Unternehmen gelegt. Hier können zum Beispiel Qualifizierungen begleitet werden. Manchmal ist zunächst ein Probieren oder Stabilisieren notwendig. Das Ziel ist die Integration in den ersten Arbeitsmarkt.
Inklusion offen angehen
Im Fazit des Abends wurde nochmals deutlich, wie wichtig Offenheit ist und dass Neues ausprobiert werden sollte. Unternehmen können und sollten die unterstützenden Institutionen dabei um Hilfe bitten. Unbedeutend sei, an welche Institutionen sich die Betriebe wenden, denn in der Region Osnabrück seien die Partner gut vernetzt, erläuterte Petra Künsemüller vom „Unternehmens-Netzwerk INKLUSION“ des BNW. „Bei allen Mitarbeitenden auf die Stärken zu setzen und individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen, kann auch die Führungskräfte selbst enorm bereichern. Um dann einen Betrieb gemeinsam weiterzuentwickeln, sind verlässliche Netzwerkpartner sehr wichtig.“