Dem Attribut „international“ wurde noch keine der bisherigen Internationalen Niedersachsen-Rundfahrt der Junioren so gerecht wie die 18. Auflage, die von Freitag bis Sonntag (27. bis 29. Juli) in Wallenhorst stattfand. Das zeigte sich am Teilnehmerfeld ebenso wie an den vielfältigen Nationalitäten der Sieger und an den Publikumslieblingen vom russischen Team Tyumen.
Gesamtsieger der 132 Starter wurde nach vier Etappen über insgesamt 283,6 Kilometer der für den belgischen Nachwuchsrennstall Avia Fuji Youth startende 18-jährige Niederländer Piotr Havik vor dem dänischen Einzelzeitfahrsieger Mathias Krigbaum und dem auffälligsten deutschen Fahrer Arne Egener vom Landesverband (LV) Baden. Als Sieger der Auftaktetappe überraschte der südafrikanische Vizemeister im Straßenfahren, Ryan Felgate, der in der europäischen Sommersaison für die belgische Equipe Cube-Fintro-Spie fährt. Der für den RSC Hildesheim startende Berliner Tim Reske setzte mit seinem Spurtsieg auf der letzten Etappe im Trikot des LV Niedersachsen den überraschenden Schlussakkord einer spannungsreichen Rundfahrt.
Zum Publikumsfavoriten aber avancierten die fünf Fahrer des Teams Tyumen. Mit Coach Viktor Silin und einem Betreuer waren sie fünf Tage lang in einem Crafter aus der gleichnamigen sibirischen Stadt angereist. Die Reise über rund 5.200 Kilometer hat sich gelohnt: Letztlich platzierten sich alle fünf Fahrer unter den besten 40 der Gesamteinzelwertung und belegten als Team Platz fünf der Mannschaftswertung.
Die Auftaktetappe am Freitagabend über 66,3 Kilometer gestalteten die leistungsstarken Teams bei tropischen Temperaturen als Ausscheidungsfahren: 14 Fahrer mussten wegen Überschreitung der zehnminütigen Karenzzeit auf die Spitzenfahrer das Rennen vorzeitig beenden. Mit der dritten Bergwertung fiel zeitgleich die Vorentscheidung für den Gesamtsieger. Piotr Havik setzte sich mit Ryan Felgate und dem Franzosen Antoine Raynaud (Team Limousin) vom noch 80 Fahrer starken Hauptfeld ab. Seine knapp 30 Sekunden Vorsprung rettet das Trio bis ins Ziel. Im Kampf um den Etappensieg düpierte Ryan Felgate den Mitfavoriten Piotr Havik mit einem langen Spurt. 24 Sekunden dahinter gewann Haviks Teamkamerad Michael Cools das Finale des Hauptfeldes vor dem Sibirier Alexander Stepanov und dem Dänen Jonas Nordkroggaard (ABC Junior Team).
Beim 8,8 Kilometer langen Einzelzeitfahren am Samstag beeindruckte der stete Nieselregen den dänischen Bahn-Europameister in der Mannschaftsverfolgung, Mathias Krigbaum, wenig. Er verpasste mit 11:19 Minuten den Streckenrekord nur um drei Sekunden und distanzierte Arne Egner (LV Baden) um vier Sekunden. Der letztjährige Junioren-Weltmeister im Einzelzeitfahren, Mads Würtz Schmidt (Dänemark), kam zwei weitere Sekunden zurück auf Rang drei. Piotr Havik fuhr als 14. nach 11:41 Minuten ins Ziel, hatte damit seine beiden Mitausreißer vom Vortag aber deutlich distanziert und das Gelbe Trikot erobert. Die Rekordzahl von 33 Fahrer blieb trotz der Regenfahrten unter der Schallmauer von zwölf Minuten.
Die zweite Halbetappe des Tages führte in sechs Runden über insgesamt 94,2 Kilometer um Wallenhorst. Dabei spielte der Europameister im Bahn-Omnium, Pascal Ackermann (LV Rheinland-Palz), seine Sprintqualitäten voll aus und feierte den 200. Sieg seiner achtjährigen Laufbahn. Hinter ihm konnte sich zum einzigen Mal mit Phil Bauhaus (Bocholt) ein Fahrer der bundesdeutschen Nationalmannschaft sowie der Schweizer Dominic von Burg durchsetzen. Piotr Havik verteidigte souverän sein Leadertrikot.
Zur Schlussetappe über 114,3 Kilometer traten am Sonntag noch 112 Fahrer an. Es gab im Rennverlauf wieder viele Vorstöße kleinerer Gruppen, die aber maximal 1:40 Minuten Vorsprung einbrachten und von den Teams mit den Trikotträgern ständig gestellt wurden. Bei idealen Bedingungen zwang das hohe Tempo weitere 17 Akteure zur Aufgabe, so dass nur 95 Fahrer ins Endklassement kamen. Im Kampf um den Etappensieg wurde das Feld auf den letzten 1000 Metern durch zwei glimpflich verlaufende Stürze gesprengt. Tim Reske, nach einem Schlüsselbeinbruch Ende Mai erst wieder seit drei Wochen im Rennsattel, verwies die beiden vorherigen Etappensieger Ryan Felgate und Pascal Ackermann auf die Ehrenränge.
Piotr Havik demonstrierte seine Extraklasse als Etappenvierter und gewann damit souverän die Gesamtwertung. Pascal Ackermann (Spinttrikot) sowie die Dänen Emil Ravnsholt (Bergtrikot) und Mathias Krigbaum (bester Fahrer des jüngeren Jahrgangs 1995) waren die weiteren Protagonisten einer sportlich und organisatorisch von allen Beteiligten hochgelobten Rundfahrt.
Die Mannschaftswertung sicherte sich die Nationalmannschaft aus Dänemark, die damit ihre diesjährige weltweite Spitzenstellung bestätigte. Dahinter belegte das Sextett des Bundes Deutscher Radfahrer Platz zwei vor der wieder einmal besten deutschen Landesverbandsmannschaft, dem Rothaus-Team aus Baden.
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