Musik war Trumpf am Freitag (22. November) bei der diesjährigen Verleihung des „Steins des Anstoßes“ in der Ruller Wittekindhalle. 900 Gäste fanden sich dazu in der ausverkauften Halle ein. Das Motto „Wallenhorst: Hier spielt die Musik“ füllten 300 Mitwirkende mit Leben. Das 70 Mann starke Ensemble aus den Mitgliedern des Männerchors Lechtingen, des MGV „Gemütlichkeit“ Hollage und des MGV „Cäcilia“ Rulle sang unter der abwechselnden Leitung der Dirigenten Markus Döring, Jan Elster und Ulrich Schwenzfeier. Mit etwa 90 Personen traten der Kirchenchor „Cäcilia“ Wallenhorst, der Johanneschor Rulle sowie der Hollager Chor „Cantarem“ unter der Leitung der Kirchenmusiker Maria Hartelt und Martin Tigges auf. Und mit insgesamt 111 Musikern im Alter von elf bis 71 Jahren nahm das aus dem Spielmannszug Hollage, dem Wallenhorster Blasorchester, dem Musikkorps „Herold“ Pye und dem Bläserchor Rulle zusammengestellte Orchester unter der Leitung von Sabrina Flottemesch und David Höing mit dem Stück „Highland cathedral“ mit auf eine musikalische Reise in das schottische Hochland.
In seiner Begrüßung verwies Bürgermeister Ulrich Belde auf die impulsgebende Funktion der Musik, die sich in der „äußerst vitalen musikalischen Szene“ der Gemeinde Wallenhorst widerspiegele. Es gäbe hier allein elf Chöre, zwei Musikschulen, vier Blasorchester und Spielmannszüge sowie sechs weitere Bands mit insgesamt fast 1000 Aktiven und knapp 70 ehrenamtlichen Ausbildern.
Irmhild Wellmann aus Belm würdigte in ihrem Grußwort das große musikalische Engagement in der Gemeinde Wallenhorst. Als Musiklehrerin an der Realschule Wallenhorst habe sie acht Jahre lang auf eindrucksvolle Weise die große Einsatzbereitschaft und Begeisterung der Schüler und Schülerinnen für die Musik erleben dürfen. Die Auftritte der Schüler hätten das Schulleben, aber auch das Gemeindeleben bereichert. Diese Darbietungen könnten durchaus Grundstein für späteres ehrenamtliches Engagement sein.
Dass es in der Gemeinde Wallenhorst Nachwuchstalente gibt, zeigten eindrucksvoll 26 ehemalige Viertklässler der St. Bernhard-Schule Rulle unter der Leitung von Grundschullehrerin Sarah Piaszenski. Die Kinder sangen Lieder aus dem Musical „Rüsselchen räumt auf“. Das von der pädagogischen Mitarbeiterin Petra Lanwert-Landscheidt verfasste sowie inszenierte und von Professor Michael Schmoll vertonte Kindermusical prangert die Umweltzerstörung an.
Die erstklassigen Darbietungen der Schulkinder begeisterten nicht nur das einheimische Publikum, sondern auch den Ehrengast Justus Frantz, der ihre Leistungen „unheimlich gut“ fand. Wer zuvor einen übersteigert selbstbewussten Superstar erwartet haben sollte, wurde angenehm überrascht von der freundlichen, unkomplizierten und humorvollen Erscheinung des prominenten Gastes. Entsprechend entspannt verlief das Interview, das Moderator Christian Böwer mit ihm führte. Justus Frantz zeigte sich vom Umfang der Musikszene in der Gemeinde Wallenhorst tief beeindruckt und machte ein überraschendes Angebot, mit dem keiner in der Halle vorher rechnen konnte: Sein Orchester Philharmonie der Nationen könne doch einmal in Wallenhorst auftreten. Im Hinblick auf die Stellung der Musik in Deutschland insgesamt bedauerte Justus Frantz, dass die Musik, die „Deutschlands schönstes Geschenk an die Welt“ sei, im Lande selbst nur wenig Förderung erfahre. Angesprochen auf das Ehrenamt stellte Justus Frantz fest, dass es ohne ehrenamtliche Tätigkeit nur noch ein paar „hochgezüchtete“ Solisten, aber keine musikalische Kultur mehr gäbe. Gefragt nach seiner ehrenamtlichen Tätigkeit verwies Justus Frantz auf Konzerte, die er ohne Honorar geben würde. Auf die Frage nach außermusikalischen Hobbies erzählte Justus Frantz dem überraschten Publikum von seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit auf Gran Canaria. Dort besitze er eine Finca mit einem 30 Hektar umfassenden Hofgelände.
In einer größeren Gesprächsrunde, an der neben Justus Frantz und Christian Böwer auch Irmhild Wellmann und Ulrich Belde teilnahmen, wurde die Förderung ehrenamtlicher Tätigkeiten in der Gemeinde Wallenhorst angesprochen. Bürgermeister Belde erklärte, dass die Gemeinde jährlich einen fünfstelligen Betrag für die ehrenamtliche Arbeit zur Verfügung stelle und es dem Ehrenamt auf diese Weise ermögliche, sich darzustellen. Er sah es als Aufgabe der Gemeinde an, das ehrenamtliche Engagement zu unterstützen. Justus Frantz wertete das musikalische Wirken in der Gemeinde Wallenhorst als „einzigartig“. Etwas Vergleichbares gäbe es in Schleswig-Holstein nicht.
Einbezogen wurde auch das Publikum. Unter der fachkundigen Leitung von Musiklehrerin Wellmann sangen die Zuschauer den Kanon „Viva, viva la musica“. Anschließend erlebte die Gemeinde Wallenhorst eine Uraufführung. Pianist Justus Frantz setzte sich an das bereitstehende Klavier und spielte das „Rondo alla Turca“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Als Dirigent fungierte Christian Böwer.
Nach dieser einmaligen Vorführung folgte die Darbietung weltmeisterlicher Leistungen durch zwei von Patsy Hull-Krogull trainierte integrative Hip-Hop-Teams: den deutschen Meistern und Weltmeistern 2013, „Stay Phazzed“ und den deutschen Vizemeistern und Vizeweltmeistern 2013, „New Hope Generation“, die ihre eigene Choreographie mit eigener Musik vortrugen.
Nach diesen hochkarätigen Auftritten stand nun der eigentliche Höhepunkt des Abends an: Die Verleihung des Steins des Anstoßes 2013 an den Dirigenten und Flötisten des Spielmannszuges Hollage, Oliver Brink. Die Laudatio hielt Annika Wiggermann, Mitglied der Preisträgerjury. Als im September des letzten Jahres in der Jury-Sitzung das Motto „Wallenhorst: Hier spielt die Musik“ festgelegt worden sei, habe kein Mitglied geahnt, wie umfangreich die Liste der infrage kommenden Kandidaten sein würde. Es seien mehr als jemals zuvor in der Geschichte der Veranstaltung gewesen. Annika Wiggermann würdigte die unermüdliche ehrenamtliche Tätigkeit des Preisträgers. Schon mit 17 Jahren habe er mit der Ausbildung junger Musiker begonnen. Besonders die Aufgabe, den Verein zu dirigieren, habe ihm verstärkt die Gelegenheit gegeben, sein erworbenes Fachwissen den Vereinsmitgliedern zu vermitteln. Durch Neuerungen im Repertoire habe er den Verein neu belebt und ihm neuen Schwung verliehen. Er sei sich aber bewusst gewesen, dass dies allein nicht ausreiche, um neben den anderen Angeboten an Freizeitgestaltung bestehen zu können. Er habe sich deshalb besonders auf die Kinder- und Jugendarbeit konzentriert, um dem Verein eine langfristige Zukunftsperspektive zu verschaffen. Oliver Brink habe daher zusätzliche Kenntnisse in der musikalischen Früherziehung erworben. 2008 sei das Konzept „Musik ab vier“ entstanden, in dem er mit großem Einfühlungsvermögen und Spaß Kindern ab dem vierten Lebensjahr die Musik näherbringe. Auf seine Initiative seien auch Blockflötengruppen für Kinder ab sechs Jahren gegründet worden, die eine Brückenfunktion zwischen der musikalischen Früherziehung und dem Übergang in das Hauptorchester bildeten. Er engagiere sich jede Woche acht Stunden für etwa 25 Kinder im Rahmen musikalischer Früherziehung und Blockflötenunterricht sowie für 20 Jugendliche und Erwachsene. Aufgrund dieses beachtlichen ehrenamtlichen Engagements im musikalischen Bereich sei die Jury davon überzeugt, so die Laudatorin, dass Oliver Brink den Stein des Anstoßes 2013 „zweifelsfrei“ verdient habe. Das Publikum erhob sich von den Plätzen und spendete langanhaltenden Applaus, als Bürgermeisters Belde Oliver Brink den Stein des Anstoßes 2013 überreichte.
Zum Abschluss des Abends gab Böwer einen Ausblick auf den nächsten Tag des Anstoßes 2014 in Lechtingen. Unter dem Motto „Miteinander und Füreinander: Wallenhorster engagieren sich“ werde dann das Themenfeld „Soziales Engagement“ beleuchtet.
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