Warum Scharbockskraut früher zur Ausstattung von Segelschiffen gehörte und wie die lateinische Grammatikkonstruktion accusativus cum infinitivo (AcI) funktionierte: Das waren nur zwei von vielen Informationen, die die Teilnehmer des Schnatgangs, den der Wallenhorster Umweltbeauftragte Udo Stangier am Sonntag (17. April) veranstaltete, erhielten.
Der naturkundliche Schnatgang (Grenzgang) führte zwischen dem Wallenhorster Ortsteil Lechtingen und Osnabrück-Haste am Osthang des Piesbergs entlang. Unterwegs gaben Stangier und Prof. Konrad Arndt viele Erläuterungen zu Natur und Heimatgeschichte.
Zuerst waren die kleinen Zwiebelgewächse dran, deren Lebensstrategie es ist, vor dem Austrieb der großen Laubbäume ihren oderirdischen Jahreskreis abzuschließen, wie Prof. Arndt ausführlich erklärte. Er erläuterte auch, dass Scharbockskraut wegen seines hohen Anteils an Vitamin C früher auf Segelschiffen gegen Skorbut eingesetzt wurde.
Weniger naturbezogen, aber nicht weniger interessant war der Abstecher in die lateinische Sprache und zum AcI, den der Botanikprofessor Arndt anhand der lateinischen Inschrift am Kreuz im Hone mit den Teilnehmern unternahm. Der Legende nach soll das Kreuz an die erste Heilige Messe erinnern, die Karl der Große während seines Feldzugs gegen die Sachsen in der Region um Osnabrück feierte.
Bei den Karlsteinen richtete sich der Blick auf die technischen Leistungen unserer Vorfahren. Sie trugen vor etwa 5.000 Jahren in der Jungsteinzeit ohne hydraulische Maschinen tonnenschwere Felsstücke über Kilometer zusammen und errichteten daraus große Grabkammern. Udo Stangier erklärte die Bauweise von Großsteingräbern, deren Funktion und ihre Zerstörung für andere Bauzwecke. Wie genau die damaligen Menschen die Großanlagen mit mehreren Metern Länge zusammengefügt und die über zehn Tonnen schweren Decksteine aufgeschichtet haben, sei bis heute nicht zufriedenstellend geklärt.
Als Besonderheit wies Stangier darauf hin, dass die Steine dieses Großgrabes nicht aus skandinavischen Granitfindlingen der vorletzten Eiszeit vor 200.000 Jahren beständen, sondern aus dem heimischen Piesberger Konglomerat. Dieses sehe „ein bisschen wie Beton” aus.
Beim Aufstieg zum Piesberg bewunderten die Teilnehmer den inzwischen weithin bekannten Mammutbaum im Garten des früheren Bergmeisters Johann Rudolf Pagenstecher. Mit seinen maximal 150 Jahren ist er noch im Kindesalter, denn “in Kalifornien stehen Bäume gleicher Art, die schon über 2000 Jahre alt sind und den dreifachen Durchmesser haben”, berichtete Udo Stangier aus eigener Anschauung. Im vorletzten Jahrhundert seien exotische Bäume Statussymbole gewesen. Als Bergwerksdirektor und Zementfabrikbesitzer habe Pagenstecher eine Vielzahl von diesen im Garten seiner neuen Villa an der “Bramscher Chaussee” (heute Osnabrücker Straße) anpflanzen lassen.
Zum Abschluss des Schnatganges ging es um den geheimnisvollen „Knieanbetungsstein”. Lange Zeit verschollen, weil mit Abraum verschüttet, wurde er erst 2005 wieder freigelegt. Wie die Karlssteine ebenfalls Kulturdenkmal und aus Piesberger Konglomeratgestein, liegt die gut vier mal vier Meter große Steinplatte direkt am Weg zum Wasserhochbehälter. Ihren Namen hat die Platte von vier in einem Rechteck angeordneten kleinen Mulden, die wie die Abdrücke von Knien und Füßen eines knienden Menschen angeordnet sind. Ob die rechteckigen Rinnen um die Mulden das Blut von Menschenopfern sammeln sollte, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Andere Deutungen weisen auf Sternbilder hin, das sei aber ebenfalls reine Spekulation, so Udo Stangier.