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Gemeinsam europäische Zukunft gestalten

Gäste aus den Partnergemeinden Stawiguda/Stabigotten (Polen) und Priverno (Italien) in Wallenhorst / Schwerpunktthema Umweltschutz und erneuerbare Energien

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Für Europas Zukunft werden die Menschen ebenso entscheidend sein wie die Frage der verantwortbaren Energiegewinnung. Deshalb stand beides im Mittelpunkt der Partnerschaftsbegegnung in der Gemeinde Wallenhorst von Mittwoch (11. Mai) bis Dienstag (17. Mai).

Angereist waren 29 Gäste aus Wallenhorsts Partnergemeinden Stawiguda/Stabigotten (Polen) und Priverno (Italien). Sie absolvierten unter dem Motto „Wir sind Europa – heute und in Zukunft“ ein vielfältiges Programm. Dieses drehte sich inhaltlich schwerpunktmäßig um Umweltschutz und erneuerbare Energien. Zugleich aber nutzten Gäste und Gastgeber die Chance, sich über aktuelle Entwicklungen in ihren Kommunen auszutauschen.


Unsere Kommunen – unsere Länder – unser Europa“ (Donnerstag, 12. Mai)


Letzteres stand insbesondere am Donnerstag (12. Mai) auf dem Programm. An diesem Tag begrüßte Bürgermeister Ulrich Belde die Gruppen im Rathaus. An der Spitze der zahlenmäßig mit 22 Personen größeren Gruppe aus Stawiguda/Stabigotten stand der stellvertretende Bürgermeister Dariusz Sarbiewski. Privernos Bürgermeister Umberto Macci stieß erst einige Tage später dazu.

Nach einer Vorstellungsrunde im Rathaus erhielten die Gäste bei einem kurzen Rundgang einen Einblick in aktuelle Wallenhorster Themen. Jeweils vor Ort erläuterte Belde die Umgestaltung des Kirchplatzes, die Ziele für den ehemaligen Standort des Hotels Töwerland sowie die Planungen für die Neugestaltung der Großen Straße und die Bebauung des Zentrums.

Einblicke in einen kleinen Teil der vielfältigen Wallenhorster Wirtschaft erlaubte der Besuch bei PURPLAN und bei Porta Möbel. Bei PURPLAN stellte Geschäftsführer Andreas Sandmann mit einer – sogar in polnischer Sprache gehaltenen – Präsentation die Tätigkeitsfelder des Unternehmens vor. Die PURPLAN GmbH plant und baut komplexe Anlagen im Bereich Tankanlagenbau sowie spezielle Mischbehälter zur Lagerung und Verarbeitung flüssiger, zum Teil entzündlicher oder Wasser gefährdender Stoffe. Das 2003 gegründete Unternehmen hat 120 Mitarbeiter und betreibt internationale Niederlassungen unter anderem in Shanghai. Weitere Expansion wird angestrebt – was Dariusz Sarbiewski besonders interessierte. Er lud Sandmann spontan zu einem Besuch und Gesprächen nach Stawiguda ein.

Porta Möbel lernten die Gäste unter Führung von Geschäftsleiter Klaus Wald und von Michael Buß kennen. Hier beeindruckte sie vor allem die Vielfalt des Angebots und der Servicegedanke. Bei seinen Kunden, schilderte Buß, punkte das Möbelhaus, das fast 140 Menschen beschäftige, mit erschwinglicher Qualität.

Am Abend widmeten sich die Wallenhorster und ihre Gäste der Politik. Nach einem kurzen Austausch über kommunalpolitische Fragen nahmen sie an einer Diskussionsveranstaltung der Deutsch-Polnischen-Gesellschaft in der Region Osnabrück teil, die sich unter Moderation der Vorsitzenden Irmgard Vogelsang der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes widmete.

Ein Impulsreferat hielt Vizekonsulin Monika Lipinski vom Polnischen Generalkonsulat Hamburg. Sie wertete die neuen Möglichkeiten als Chance für Europa insgesamt: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg gebe es hier grenzenlose Arbeitnehmerfreizügigkeit. Auf die Chancen verwies auch Dariusz Sarbiewski in seinem Beitrag. Die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und zum Voneinander-Lernen würden sich erweitern.



Energie gestern, heute, morgen“ (Freitag, 13. Mai)


Am Freitag (13. Mai), den federführend der Wallenhorster Umweltbeauftragte Udo Stangier organisierte, richtete sich der Blick zunächst in die Vergangenheit. Im Museum Industriekultur erlebte die Gruppe bei einer anschaulichen Führung, wie Energiegewinnung zu Beginn der Industrialisierung funktionierte.

Anschließend ging es direkt weiter mit der Form der Energiegewinnung, die Gegenwart und Zukunft bestimmt und bestimmen wird. Dr. Klaus Siedhoff, Vertriebsleiter Erneuerbare Energien bei den Stadtwerken Osnabrück, führte die Gruppe auf den Piesberg und informierte sie über die Leistung und den Einsatz der dort stehenden vier Windkrafträder.

Diese können nach seinen Angaben bei günstigen Windverhältnissen bis zu 4,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen. Die Errichtung der drei neueren und größeren Anlagen haben zehn Millionen Euro gekostet, sie werde sich aber in etwa zehn Jahren amortisiert haben.

Die polnischen Gäste zeigten sich besonders interessiert an der in Deutschland angestrebten Energiewende. In ihrem eigenen Land haben sich nach der Atomkatastrophe von Japan alle Parteien unverändert zu dem Ziel bekannt, die Atomkraft in Polen einzuführen. Vor diesem Hintergrund staunten die Gäste über den Anteil von 18 Prozent, den erneuerbare Energien am deutschen Markt schon heute einnehmen und den Deutschland ausbauen will.

Diskutiert wurde vor allem, ob die Verbraucher bereit sein würden, für die regenerative Energie mehr zu zahlen. Dr. Siedhoff wies indes darauf hin, dass die Energiepreise unabhängig von der Energiequelle in jedem Fall künftig steigen würden. „Wir müssen das magische Dreieck aus Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit gestalten“, betonte er.

Nach einem Abstecher zur Ruller Wallfahrtskirche St. Johannes und dem Marienbrunnen steuerte die Gruppe auch noch die naheliegende Nette an. Dort erläuterte Udo Stangier die kürzlich umgesetzte Renaturierung, die das Flüsschen nach den Begradigungen früherer Jahrzehnte wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt und damit wieder zu einem natürlichen Lebensraum für viele Lebewesen gemacht hat.

Den Abschluss des Freitags bildete ein Besuch beim Festkommers, den der Männerchor Lechtingen anlässlich seines 90-jährigen Bestehens in der Mehrzweckhalle Lechtingen veranstaltete und bei dem verschiedene Wallenhorster Chöre auftraten.



Europa leben in Kirche und Gesellschaft“ (Sonntag, 15. Mai)


Nachdem die Gäste den Samstag genutzt hatten, um bei Führungen die Friedensstadt Osnabrück zu entdecken, begann der Sonntag mit einem Gottesdienst in der Kirche St. Alexander Wallenhorst. Pater Xavier Karamel Joseph CMI begrüßte die Gruppe eigens und sprach den Friedensgruß in polnischer und italienischer Sprache. Außerdem ermöglichte er es den Besuchern, sich durch Fürbitten in ihren Sprachen in den Gottesdienst einzubringen.

Nächste Station war das Wallenhorster Feuerwehrhaus. Gemeindebrandmeister Ulrich Beimesche und weitere Feuerwehrleute stellten das 2009 eingeweihte Gebäude mit seiner modernen Einrichtung vor. Dabei zeigten sich die Gäste beeindruckt darüber, dass eine Gemeinde von der Größenordnung Wallenhorsts über eine ehrenamtliche Feuerwehr verfügt statt einer Berufswehr. „Wer diese Aufgabe ehrenamtlich wahrnimmt, muss eine echte Passion dafür haben“, würdigte stellvertretender Bürgermeister Dariusz Sarbiewski dieses Engagement.

Am Nachmittag unternahm die Gruppe einen Ausflug nach Tecklenburg. In dem „nördlichsten Bergstädtchen Deutschlands“ fand an diesem Wochenende der Geranien- und Frühlingsmarkt „Viva Gerania“ statt. So gab es für die Besucher neben der ohnehin malerischen Fachwerkkulisse der Festspielstadt noch einiges mehr zu sehen und zu bestaunen.


Verantwortlich und gemeinsam“ (Montag, 16. Mai)


Mit welchen Projekten im Landkreis Osnabrück ganz konkret an der Zukunft gearbeitet wird, davon gewannen die Gäste am Montag (16. Mai) einen Eindruck. Zunächst aber nahmen sie am Europatag der Katharinaschule Wallenhorst teil.

Lehrkräfte und Kinder hatten mit viel Kreativität ein Programm gestaltet, das Europa vor allem aus Sicht der Kinder behandelte. Diese stellten den Gästen – dem Landtagsabgeordneten Clemens Lammerskitten, Bürgermeister Ulrich Belde, seinen Amtskollegen Dariusz Sarbiewski und Umberto Macci, Regierungsschuldirektor Norbert Szczepanek, dem stellvertretenden Wallenhorster Bürgermeister Alfred Lindner und der Schulausschussvorsitzenden Ruth Möller – interessierte Fragen zu deren Arbeit und zu Europa. Das Lied „Kleine Europäer“ und ein Schwarm blauer Europaluftballons rundeten die gemeinsame Stunde ab und bewiesen, dass die Katharinaschule ihren kürzlich verliehenen Titel als Europaschule zu Recht trägt.

Als besonders beeindruckend erwies sich für die Gäste der anschließende Besuch in der Krippengruppe des Kindergartens St. Raphael. Kindergartenleiterin Margret Meyknecht führte die Gruppe durch die 2009 errichteten Räume und erläuterte die pädagogischen Konzepte, nach denen dort mit den Kindern gearbeitet wird.

Dass sich auch der Landkreis Osnabrück des Themas Energie angenommen hat, wurde beim dortigen Empfang deutlich. Kreisrat Dr. Winfried Wilkens stellte persönlich das kürzlich auf den Weg gebrachte Klimaschutzkonzept vor.

Demnach will der Landkreis komplett auf die Nutzung erneuerbarer Energien umstellen. „Wir werden das für die Stromnnutzung bis 2030 umsetzen, weil es geht und weil wir auch wirtschaftlich davon profitieren werden“, betonte Dr. Wilkens. Bezüglich der Wärmeversorgung ermutige der Landkreis mit unterschiedlichen Maßnahmen Gewerbetreibende und Privatleute zum Energiesparen.

Insgesamt investiere der Kreis in seine Energiewende bis zu 120 Millionen Euro pro Jahr. Davon verspreche man sich aber auch einen ganz konkreten Nutzen, besonders vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und der ungeklärten Frage der Endlagerung des Atommülls.

Viele weitere Projekte und Förderungsmöglichkeiten lernten die Gäste am Nachmittag bei der Deutschen Bundesumweltstiftung in Osnabrück kennen. Dr. Volker Berding, persönlicher Referent des Generalsekretärs, informierte über die Arbeit der Stiftung. Diese fördere jährlich mit 50 Millionen Euro Vorhaben des vorsorgenden Umweltschutzes. Seit der Gründung 1991 habe man mehr als 1,4 Milliarden Euro für rund 7.800 Programme ausgeschüttet und über 30.000 Anträge bearbeitet.

Auf besonderes Interesse der Gäste stießen die Ausführungen zu Projekten in Polen, die ebenfalls von der Stiftung mitfinanziert wurden. Seit 1992 ist diese in dem Nachbarland tätig und hat dort bereits 136 Projekte mit rund 23 Millionen Euro unterstützt. Zu den Förderbereichen zählt ökologischer Hochwasserschutz an der Oder ebenso wie ein Seenetzwerk. „Grundsätzlich ist es unsere Idee, verschiedene Partner für die einzelnen Projekte zusammen zu bringen“, erläuterte Dr. Berding.

Dieser Programmpunkt markierte den inhaltlichen Schlusspunkt unter eine Begegnung, aus der sowohl Gäste als auch Gastgeber inhaltlich viel mitnahmen, an das sich anknüpfen lässt. Dies gilt auch für die Zusammenarbeit der Grundschulen von Stawiguda/Stabigotten, Priverno und Wallenhorst.

Denn parallel gestalteten zwei polnische und vier italienische Lehrkräfte von der Grundschule in Rus (Stawiguda/Stabigotten) und der Grundschule Don Andrea Santoro in Priverno ein schulspezifisches Programm mit Kolleginnen und Kollegen der Katharinaschule Wallenhorst.

Zwischen den Grundschulen in den drei Partnergemeinden besteht schon länger intensiver Kontakt. Bei der aktuellen Begegnung intensivierten die Lehrkräfte ihre persönlichen Verbindungen und planten zugleich konkrete Schritte für ein gemeinsames Theater- und ein Selbststärkungsprojekt. Letzteres soll den achtungsvollen Umgang der Kinder miteinander fördern und wenn möglich im Rahmen des Comenius-Projektes von der Europäischen Union bezuschusst werden.