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Ein bisschen Frieden

Wallenhorst und Stawiguda seit 15 Jahren Partner in Europa

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Das Datum war eher zufällig gewählt, dennoch eröffneten die Gemeinde Wallenhorst und ihre polnische Partnergemeinde Stawiguda die Feier zum 15-jährigen Bestehen ihrer Partnerschaft mit einem Blick zurück in die gemeinsame Geschichte. Im Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor genau 78 Jahren legten Wallenhorsts Bürgermeister Otto Steinkamp und seine polnische Amtskollegin Irena Derdoń am Freitag (1. September) einen Kranz an der Annakapelle nieder. Die Glocken der St. Alexanderkirche läuteten eigens zu diesem Anlass. Und Pfarrer Dietmar Schöneich wies mit Blick nach vorn darauf hin, dass dieser Tag auch ein besonderer sei, weil die Gäste als Freunde zum Feiern gekommen seien: „Ich glaube, dass das unserem Gott gefällt.“

Festakt im Ratssaal

Vor dem Sternenbanner der Europäischen Union sowie der deutschen und polnischen Flagge begrüßte Steinkamp die knapp 200 Gäste des öffentlichen Festaktes dann im Sitzungsaal des Rathauses – auf Polnisch. Er betonte, dass die Sprache der Schlüssel zu einer guten Partnerschaft sei. Dolmetscher Marek Wanik übersetzte für die deutschen Gäste. Szenenapplaus für den Bürgermeister. Steinkamp berichtete – nun wieder auf Deutsch – dass er bei seinem ersten Besuch in Stawiguda erfahren durfte, dass die ihm zuvor bereits beschriebene Gastfreundschaft dort vorbildlich und ernst gelebt werde. Das sei auch in Wallenhorst der Fall: „Ich glaube, diejenigen, die den europäischen Gedanken kritisieren, werden an diesem Wochenende in Wallenhorst widerlegt.“ Einen Gast begrüßte Steinkamp ganz besonders: Witold Podgórski. Der Künstler aus Stawiguda stellt derzeit anlässlich des Jubiläums etwa 30 seiner Werke im Rathausfoyer aus. „Ich habe gelesen, dass Sie in den wichtigsten Städten der Welt ausstellen“, so der Bürgermeister, „New York, Florenz, Wallenhorst,…“.

Für die 30-köpfige Delegation aus Stawiguda erinnerte Derdoń an die Entstehung der Partnerschaft und beschrieb die Aktivitäten der vergangenen 15 Jahre, etwa die Austausche zwischen Lehrern, Sportlern, Feuerwehrleuten, Jugendlichen und Senioren. „Während all dieser Treffen konnten wir uns besser kennenlernen“, stellte die Bürgermeisterin fest. Auch die Schüler des Gymnasiums Stawiguda hätten schon mehrfach die Gelegenheit gehabt, den Alltag und den Unterricht ihrer Altersgenossen aus Wallenhorst zu erleben. „Wir müssen den Dialog und die Partnerschaft zwischen unseren Gemeinden pflegen“, betonte sie und erklärte: „Ich bin überzeugt, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Stawiguda und Wallenhorst auch in Zukunft so fruchtbar weiterentwickeln wird.“

Geschenke

Mit leeren Händen waren die Gäste aus Stawiguda nicht nach Wallenhorst gekommen. Sie hatten ihren Gastgebern eine Bank mitgebracht. Zum Nachdenken und um sich Neues für die künftige Ausgestaltung der Partnerschaft zu überlegen, wie Derdoń erläuterte. Des Weiteren präsentierte sie zwei Jubiläumsurkunden im XXL-Format – eine auf Deutsch für Wallenhorst und eine auf Polnisch für Stawiguda. Alle Gäste sollten darauf unterschreiben. „Wir würden uns freuen, wenn der Platz nicht reicht.“

Steinkamp überreichte seinerseits ein Gemälde Podgórskis. Genauer: eine Hälfte eines zweiteiligen Werkes, das symbolisch für die Verbindung zwischen Wallenhorst und Stawiguda steht. Die Bilder erzählen von den verschiedenen Situationen, die die Menschen der beiden Gemeinden im Laufe der noch jungen Partnerschaftsgeschichte bereits erlebt haben. Sie sollen in den jeweiligen Rathäusern ein für alle Bürgerinnen und Bürger sichtbares Zeichen für die Verbundenheit zwischen beiden Gemeinden sein.

Grußworte

Małgorzata Chyziak, Landrätin des Kreises Olsztyn, betonte, welch großen Wert es habe, internationale Partnerschaften zu pflegen. Hierbei zählten Ehrlichkeit, Offenheit und Freundlichkeit. Auf dieser Basis seien sowohl die Partnerschaft zwischen den Landkreisen Osnabrück und Olsztyn als auch die Partnerschaft zwischen Wallenhorst und Stawiguda entstanden, welche für die Freundschaft in den Herzen der nächsten Generationen sorgen sollten.

„Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln“, sagte Osnabrücks stellvertretende Landrätin Christiane Rottmann. Dieses Sprichwort sei ihr bei Begegnungen stets sehr präsent. Sie nahm es zum Anlass, hier insbesondere einmal den Dolmetschern für ihre großartige Arbeit zur Verständigung zu danken. Drei Vokabeln wolle sie den Gäste dennoch ans Herz legen: Bitte, Danke und Entschuldigung.

Festrede

Das Manuskript seiner Rede hatte Dr. Hans-Gert Pöttering kurzerhand über Bord geworfen. Stattdessen dankte er für die Einladung. „Schön, dass das 15. Jubiläum gefeiert wird.“ Es sei ein Anlass über die Partnerschaft nachzudenken, so der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments. Er sei begeistert von der Gestaltung dieser Feier – unter anderem mit dem Banner der EU hinter dem Rednerpult: „Möge die europäische Flagge unsere beiden Länder – Deutschland und Polen – für alle Zukunft verbinden. Dies ist mein Wunsch.“

Pöttering erinnerte an den Weg, den Europa in seiner Geschichte gegangen ist und die Rolle Polens auf diesem Weg. Namentlich führte er unter anderem Papst Johannes Paul II. auf. Bei dessen Wahl habe der Heilige Geist wohl besonders eingegriffen. Er sei der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Ohne ihn hätte Polen nicht den Mut gehabt, so für die Freiheit einzutreten, so der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung. „Europa ist zu wichtig, als dass man es den jeweiligen Regierungen überlässt“, erklärte Pöttering und dankte allen, die sich für das Zusammenwachsen Europas engagieren. In einer persönlichen Bemerkung erläuterte er, dass sein Vater kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges gefallen und auf einem Soldatenfriedhof in Polen bestattet sei. Er – geboren 1945 – habe ihn nie kennengelernt. Diese Erfahrung sei der Grund für sein europäisches Engagement, so Pöttering. Er wies darauf hin, dass es auch in jüngster Vergangenheit noch Kriege in Europa gegeben habe. Nicht in der EU, aber in Europa. In der EU würden wir auf Grundlage von Rechten und Werten zusammenleben. „Diese Werte müssen wir verteidigen.“

Ein bisschen Frieden

Frisch, fröhlich und mit einer internationalen Liedauswahl begleitete Stephanie Laymann mit ihrem Chor „Nightingales“ die Festveranstaltung. Die Gäste zeigten sich begeistert. Höhepunkt im Repertoire der acht Wallenhorster Sängerinnen: der Grand-Prix-Klassiker von 1982 „Ein bisschen Frieden“ – zweisprachig interpretiert auf Deutsch und Polnisch. Dafür ernteten die charmanten jungen Damen stehende Ovationen des Publikums und den größten Applaus des Nachmittags.

Internationale Kunst

Im Anschluss an den Festakt lud Witold Podgórski die Gäste ein, seine Kunstwerke im Foyer des Rathauses in Augenschein zu nehmen. Er präsentiert hier – unter anderem preisgekrönte – Werke aus seiner grauen, farbigen und graphischen Linie. Die Ausstellung ist noch bis Donnerstag (9. November) während der Öffnungszeiten der Gemeinde Wallenhorst zu sehen: montags, mittwochs und freitags von 8 bis 16 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 8 bis 17.30 Uhr.

Klima, Kubb und Kirche

Im weiteren Verlauf des Wochenendes standen für die Gäste aus Stawiguda noch mehrere Begegnungen mit Wallenhorster Vereinen, Institutionen sowie Bürgerinnen und Bürgern auf dem Programm. Am Samstag stellten die Lehrerinnen Monika Pöppelmann und Isabell Berelsmann-Nieporte gemeinsam mit Hofbesitzer Christian Voßgröne der polnischen Delegation das Kinderbauernhofprojekt der Erich-Kästner-Schule vor. So etwas könne sie sich in Stawiguda auch sehr gut vorstellen, gab Bürgermeisterin Irena Derdoń ihrer Begeisterung Ausdruck. Wallenhorsts Klimaschutzmanager Stefan Sprenger informierte auf dem mit dem Klimaschutzpreis der Gemeinde Wallenhorst ausgezeichneten Hof weitgreifender über das Klimaschutzkonzept und erläuterte insbesondere die aktuellen Projekte zum Thema Radverkehr.

Eine sportliche Verbindung zwischen Deutschland und Polen knüpften die Gäste auf dem Kubbturnier der Kolpingsfamilie Hollage, auf dem sie unter den Augen der unterschiedlichsten örtlichen Teams zu einem Einlagespiel gegen Vertreter des Rates der Gemeinde Wallenhorst antraten. Sportliches Ergebnis: ein deutlicher Sieg für das Team aus Stawiguda. Obwohl ihnen das Spiel bis dato unbekannt war, ließen die Gäste Bürgermeister Otto Steinkamp und seinen Mitstreitern keine Chance. Mit dem Lesen der Spielanleitung auf der Hinfahrt im Bus waren sie gegenüber dem Wallenhorster Team augenscheinlich in einem klaren Trainingsvorteil.

Der Sonntag stand ganz im Zeichen des Pfarrgemeindefestes rund um St. Alexander. Hier beteiligten sich die polnischen Gäste nicht nur aktiv an der Gestaltung des Gottesdienstes. Zur Delegation zählte auch die Kapelle Kosejder, die mit ihrem Auftritt auf dem Kirchplatz eine musikalische Brücke zwischen Stawiguda und Wallenhorst baute.